Selbstgespräch

Gedicht von Ute Jaguttis


Heute spreche ich dich an,
weil ich nicht begreifen kann,
welch’ Gefühl mich stets beschleicht,
wenn dein Anblick mich erreicht.
Deine Seele ist von pur
oberflächlicher Natur.
Niemals gibst du etwas Preis,
was ich nicht schon selber weiß.
Für die Träume, die ich schlief,
bist du viel zu plakativ.
Manch’ facettenreiche Tage
stellst du ahnungslos infrage.
Attraktives stimmt dich milde.
Dennoch bist du nicht im Bilde
über tausende von Sachen,
die mich froh und traurig machen.
Meinst du, meine Augenringe
sind die Summe aller Dinge?
Hast du Infos je erhalten
über meine Sorgenfalten?
Weißt du denn, woher die Schrammen
auf Gesicht und Körper stammen?
Siehst du meinen tiefen Sinn,
wenn ich hübsch gescheitelt bin?
Deine einzige Bewegung
bleibt die absehbare Regung.
Was auch immer macht mich aus,
über deinen Rand hinaus
wird es dir verborgen sein,
denn das Innere ist mein.
Lieber will ich mich verschonen
vor dem Blick in Illusionen.
Kostbar ist mir jeder Wert,
der sich nicht in dir verkehrt.
Eine deiner Schein-Allüren
lässt mich Selbstgespräche führen.
,,Ja, ich sei der größte Tor”,
hältst du mir zuweilen vor.
Zeit, die ich mit dir vergeude,
schenkt nur zweifelhafte Freude.
Bester Wiedergabe-Akt
ist der menschliche Kontakt.
Ganz im Gegensatz zu dir
steht er immer hinter mir.
Somit bist du überflüssig,
dessen werde ich mir schlüssig.
Will mein Ego sich benetzen,
können Pfützen dich ersetzen
und in jedem Regentropfen
sehe ich mein Leben klopfen.
Auch für’s Herz, aus meiner Sicht,
brauche ich dich sicher nicht.
Doch ich werde dir versprechen,
nicht in Stücke dich zu brechen.

                   •   •   •

Augenblicke sind verschwommen,
seltsam nah’ herangekommen.
Und ich lege meine Hand
auf den Spiegel an der Wand . . .


© Ute Jaguttis
Zur Projektseite: „Spiegelungen“